»Der Attentäter von Magdeburg hasst nicht nur Muslime, sondern alle, die seinen Hass nicht teilen!»

Der aus Saudi-Arabien stammende Arzt und Psychiater Taleb A., der am Freitagabend einen Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt verübte, hat den Zentralrat der Ex-Muslime und die Säkulare Flüchtlingshilfe über mehrere Jahre hinweg terrorisiert. Allem Anschein nach teilte er Überzeugungen aus dem ultrarechten Spektrum der AfD und glaubte an eine großangelegte Verschwörung, die darauf abzielt, Deutschland zu islamisieren. Seine wahnhaften Vorstellungen gingen so weit, dass er annahm, selbst islamismuskritische Organisationen seien Teil der islamistischen Verschwörung.
Foto: Der Attentäter von Magdeburg im Vorfeld der Verleumdungsprozesses im Oktober 2024

»Die Nachricht vom Anschlag auf den Magde­burg­er Wei­h­nachts­markt hat uns sehr bestürzt!», erk­lärte Mina Aha­di, die Vor­sitzende des Zen­tral­rats der Ex-Mus­lime, am Sam­stag­mor­gen. »Der Atten­täter Taleb A. ist für uns ja kein Unbekan­nter, denn er hat uns seit Jahren ter­ror­isiert. Anfangs ver­muteten wir, er kön­nte ein Maulwurf der islamistis­chen Bewe­gung sein. Inzwis­chen denke ich jedoch, dass er ein Psy­chopath ist, der ultra­recht­en Ver­schwörungside­olo­gien anhängt. Nach langjähriger Erfahrung kann ich sagen: Der Atten­täter von Magde­burg has­st nicht nur Mus­lime, son­dern alle, die seinen Hass nicht teilen!»

Taleb A. kri­tisierte die »linke« human­is­tis­che Aus­rich­tung des Zen­tral­rats der Ex-Mus­lime und der eng befre­un­de­ten Säku­laren Flüchtling­shil­fe, die sich gezielt für reli­gions­freie Migrant*innen aus islamisch geprägten Län­dern ein­set­zt. »Längst nicht alle Men­schen, die aus islamis­chen Län­dern fliehen, sind Mus­lime. Wir sind als Organ­i­sa­tion zwar expliz­it reli­gion­skri­tisch, aber wir kämpfen nicht gegen lib­erale Mus­lime, son­dern für sie, da sie beson­ders oft zu Opfern des Islamis­mus wer­den. Dies hat Taleb A. sehr aufgeregt!«, sagt Mina Aha­di. »Als er merk­te, dass er mit seinem Hass auf alles Mus­lim­is­che bei uns nicht ankam, ist er dazu überge­gan­gen, einzelne Aktive der Säku­laren Flüchtling­shil­fe öffentlich zu dif­famieren.«

 
Mut­maßlich­es Tat-Motiv: Hass nicht nur auf Mus­lime, son­dern auch auf deutsche Behör­den

Gegen die Ver­leum­dun­gen durch Taleb A. waren Aktive der Säku­laren Flüchtling­shil­fe vorge­gan­gen. Im August 2023 wurde vor Gericht erstrit­ten, dass Taleb A. die Ver­leum­dun­gen unter­lassen muss, woge­gen der saud­is­che Arzt Beru­fung ein­legte. In der Beru­fungsver­hand­lung Ende Okto­ber 2024 zeich­nete sich ab, dass Taleb A. das Ver­fahren nicht gewin­nen kann, was ihn zu ein­er Wutrede vor Gericht ani­mierte. Dabei führte er aus, dass er Europa vor der Islamisierung ret­ten werde, wozu die deutschen Gerichte nicht in der Lage seien.

Taleb A. hat­te bere­its mehrfach zuvor angedeutet, dass er die Deutschen dafür zahlen lassen wolle, dass sie die Gefahr des Islamis­mus ignori­erten. Mitte 2024 hat­te sich sein rechter Ver­schwörungs­glaube bere­its so stark ver­fes­tigt, dass sich sein Hass nicht mehr nur gegen »die Linken« richtete, son­dern auch gegen deutsche Behör­den. So schrieb er im Juni auf der Plat­tform X, dass sein­er Erfahrung nach, »die deutsche Polizei der echte Treiber des Islamis­mus in Deutsch­land« sei: »Wir brauchen die AfD, um die Polizei vor sich zu schützen!« Nach seinen Posts auf Social Media reichte eine Aktivistin der Säku­laren Flüchtling­shil­fe bere­its im ver­gan­genen Jahr Strafanzeige gegen Taleb A. ein und warnte die Polizei vor einem Anschlag, den dieser vor­bere­it­en würde. Das LKA Sach­sen-Anhalt kam in sein­er Bew­er­tung jedoch zu dem Schluss, dass von Taleb A. keine konkrete Bedro­hung aus­ge­he – zu Unrecht, wie der ver­häng­nisvolle Anschlag in Magde­burg gezeigt hat.

»Der Ter­ro­rakt von Taleb A. führt uns vor Augen, dass nicht nur Islamis­ten Wei­h­nachtsmärk­te mit Fahrzeu­gen angreifen, son­dern auch rechte Ver­schwörungs­fa­natik­er«, erk­lärte Michael Schmidt-Salomon, der als Vor­standssprech­er der Gior­dano-Bruno-Stiftung die Grün­dung des Zen­tral­rats der Ex-Mus­lime und der Säku­laren Flüchtling­shil­fe begleit­et hat. »Seit vie­len Jahren weisen wir schon darauf hin, wie sehr sich islamis­ch­er Fun­da­men­tal­is­mus und rechte Mus­lim­feindlichkeit gegen­seit­ig auf­schaukeln. Dies hat ein Kli­ma des Has­s­es geschaf­fen, unter dem vor allem säku­lare und lib­erale Mus­lime zu lei­den haben, da sie nicht nur von Islamis­ten, son­dern auch von recht­en ›Islamkri­tik­ern‹ bedro­ht wer­den. Ich denke, es ist höch­ste Zeit, die falschen iden­titären Wahrnehmungsmuster zu über­winden, die diesem Hass zugrunde liegen: Es gibt eben nicht ›die Mus­lime‹, ›die Flüchtlinge‹ oder ›die Islamkri­tik­er‹! Zumin­d­est dies soll­ten wir aus dem Magde­burg­er Anschlag ler­nen: Wer hätte im poli­tis­chen Berlin damit gerech­net, dass ein aus Sau­di-Ara­bi­en stam­mender Arzt und AfD-Sym­pa­thisant einen Anschlag auf einen deutschen Wei­h­nachts­markt verüben kön­nte, um dem Islamis­mus ent­ge­gen­zuwirken? Die Welt ist deut­lich kom­plex­er und ver­rück­ter, als dies gemein­hin wahrgenom­men wird.«

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