Herr Inácio-Stech war über einen langen Zeitraum hinweg schweren, islamisch motivierten homophoben Anfeindungen durch Schülerinnen und Schüler an der Carl-Bolle-Grundschule in Berlin-Moabit ausgesetzt. Doch anstatt ihn zu schützen und den Angriffen mit der gebotenen Entschlossenheit entgegenzutreten, reagierte die Schulleitung mit Belehrung und Maßregelung – gegen den Betroffenen, nicht gegen die Täter. Diese verkehrte Verantwortungszuschreibung ist mehr als ein persönliches Unrecht gegenüber einem engagierten Pädagogen. Sie ist ein Verrat an den Grundwerten unserer offenen Gesellschaft.
Die Schule hat in diesem Fall nicht aus Überforderung versagt – sie hat versagt, weil sie die Prinzipien von Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde dem Druck religiös-fundamentalistischer Milieus bereitwillig geopfert hat. Was hier geschah, war kein unbeabsichtigter Fehltritt, sondern eine bewusste Preisgabe jener Werte, auf denen unsere demokratische Bildung beruhen sollte.
Schule muss ein Ort sein, an dem alle Kinder – auch und besonders jene, die aus autoritären oder streng religiösen Elternhäusern kommen – die Möglichkeit haben, andere Lebensentwürfe kennenzulernen, kritische Fragen zu stellen, Zweifel zuzulassen und ihre eigenes Weltbild zu entwickeln. Es ist Aufgabe der Schule, Räume für Aufklärung, Reflexion und persönliche Freiheit zu schaffen – nicht, sie zu verschließen.
Ein Lehrer, der Kinder zum eigenständigen Denken ermutigt, ihnen demokratische Werte vermittelt und sie zur Empathie befähigt, ist kein Störfaktor – er ist unverzichtbar. Oziel Inácio-Stech hat genau das getan. Dass er dafür mit Misstrauen und Isolation bestraft wurde, ist ein Skandal, der Konsequenzen haben muss.
Wir fordern deshalb die umgehende Rehabilitierung von Oziel Inácio-Stech, personelle Konsequenzen für die Verantwortlichen innerhalb der Schulleitung sowie verbindliche Maßnahmen zum Schutz von Lehrkräften gegen religiös motivierte Anfeindungen. Es darf nicht sein, dass aus falsch verstandener Toleranz die Intoleranz gestärkt wird. Wer Vielfalt wirklich ernst meint, muss auch bereit sein, sie zu verteidigen.