Die österreichische Regierung hat angekündigt, das Tragen des Kopftuchs für Mädchen in staatlichen und privaten Schulen bis zum 14. Lebensjahr zu verbieten. Diese Entscheidung, vorgestellt von der Ministerin für Europa, Integration und Familie Claudia Plakolm, sieht bei Zuwiderhandlung Geldstrafen bis zu 1000 Euro oder sogar Haftstrafen für Eltern vor.
Als Frau, die die Auswirkungen des Kopftuchzwangs im Iran und anderen islamisch geprägten Ländern erlebt hat, und als Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime, die tagtäglich mit betroffenen Mädchen konfrontiert ist, begrüße ich diesen Schritt ausdrücklich. Er stellt eine wichtige Maßnahme zum Schutz von Kindern dar, die viel zu oft gegen ihren Willen zur Verschleierung gezwungen werden.
Doch der Kern des Themas reicht weit über das Kopftuch hinaus. Schulen sind Orte der Erkenntnis, nicht der Bekenntnisse. Sie müssen weltanschaulich neutrale Räume sein, in denen Kinder frei von religiösen oder ideologischen Symbolen aufwachsen können. Ein konsequent säkulares Gesetz darf daher nicht einseitig auf ein spezifisches Symbol abzielen, sondern muss alle offensiv religiösen oder weltanschaulichen Bekundungen gleichermaßen untersagen – egal ob es sich um ein Kopftuch, ein Kreuz oder andere Formen demonstrativer Zugehörigkeit handelt. Nur so können Schulen Orte der Freiheit, Offenheit und gleichen Chancen bleiben.
Gleichzeitig darf dieses Thema nicht rechtspopulistischen Kräften überlassen werden, die religiöse Symbole oft instrumentalisieren, um Stimmung gegen Minderheiten zu machen und ihre eigene Agenda zu bedienen. Umso wichtiger ist es, dass demokratische Parteien klar und unmissverständlich für Humanismus, Säkularismus und die Rechte der Kinder eintreten – und damit zeigen, dass es hier nicht um Ausgrenzung, sondern um Emanzipation geht.
Das jahrzehntelange Hinnehmen des Kinderkopftuchs in Europa war ein politisches Versagen. Statt Kinder zu schützen, wurde ihnen ein frauenfeindliches Rollenbild aufgezwungen. Wer genau hinsieht, erkennt, dass hinter dieser Praxis nicht nur familiärer Druck, sondern auch die ideologische Einflussnahme islamistischer Strömungen und Regierungen steht. Das Kopftuch wurde seit der Machtergreifung Khomeinis im Iran zum Symbol der Unterdrückung und des Angriffs auf die Freiheit der Frau.
Gerade deshalb ist es bemerkenswert, dass diese Debatte am dritten Jahrestag der Frauen‑, Leben‑, Freiheit-Bewegung und am Todestag von Mahsa Jina Amini geführt wird. Die Frauenrevolution im Iran, die mit dem Verbrennen des Kopftuchs begann, war eine unmissverständliche Antwort auf alle Verteidiger religiös begründeter Unterdrückung – und sie hat auch in Europa das Tabu gebrochen, islamistische Strukturen kritiklos zu tolerieren.
Wir fordern daher nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland und allen anderen Ländern Europas ein klares Bekenntnis zu einem säkularen Bildungswesen. Frankreich ist hier bereits vorangegangen und hat gute Erfahrungen gemacht. Ein Verzicht auf religiöse Bekundungen in öffentlichen wie privaten Schulen wäre ein entscheidender Schritt zur Verteidigung der Rechte von Mädchen und zur Stärkung einer offenen Gesellschaft.
Unsere Aufgabe ist es, den säkularen Rechtsstaat entschlossen zu verteidigen – gegen religiösen Fundamentalismus ebenso wie gegen politische Kräfte, die sie für ihre eigenen Zwecke missbrauchen wollen. Nur wenn wir klar für Säkularismus und Humanismus eintreten, können wir Kinder vor Bevormundung schützen und ihre Freiheit sichern.